Tag 15: Rückkehr aufs „Festland“ und Ausflug nach Hollywood

Der letzte Morgen auf Yakushima ist verregnet. Ein Bus bringt mich zum Fährhafen – ein anderer als der, an dem ich angekommen bin – etwa eine Stunde Fahrzeit. Meine beiden jungen Gastgeber winken mir zum Abschied, und auch auf dem Weg zur Haltestelle grüßt mich eine freundliche Dame mit Hund. Ein Autofahrer bedankt sich sogar dafür, dass ich meinen Koffer von der Straße nehme, damit er vorbeifahren kann.

Die Unterkunft war einfach, sehr japanisch (Schuhe an, Schuhe aus), aber mit unvergleichlichem Charme: sommerliches Ambiente, viel Holz, ruhige Aufenthaltsräume, Selbstversorgung mit Tee und Kaffee – und natürlich die Badewanne im Freien mit Blick auf den subtropischen Urwald.

Die Überfahrt mit der Fähre verläuft ruhig und schnell. Von Kagoshima aus beginnt für mich die Rückkehr Richtung Shikoku. Ich werde nur kurz am Bahnhof stoppen, um meine Reservierungen für die nächsten beiden Tage zu organisieren. Mein nächstes Ziel ist ein kleiner, touristisch eher uninteressanter „normaler“ Ort, von dem eine Fähre nach Shikoku übersetzt – so spare ich viele Bahnkilometer. Dort habe ich eine interessante Unterkunft gefunden, in der ich zwei Tage bleiben möchte.

Da ich diese Unterkunft jedoch erst ab dem folgenden Tag gebucht habe, lege ich heute einen Zwischenstopp ein – und zwar in der Stadt Miyazaki (einfach, weil sie groß ist, viele Unterkünfte bietet und ziemlich genau in der Mitte der Strecke liegt).

Heute fahre ich mit einem Schnellzug (Limited Express) der Bahngesellschaft JR Kyūshū, genauer gesagt der Südstrecke. Diese Züge habe ich besonders ins Herz geschlossen. Die Shinkansen-Bullet-Trains sind beeindruckend wegen ihrer Schnelligkeit und dem ruhigen Komfort (kein Ruckeln, kein Lärm), aber man sieht nicht viel: schnurgerade Strecken, Schallschutzwände, winzige Flugzeugfenster.

Ganz anders die Limited-Express-Züge. Sie entsprechen eher unseren Interregios, sind aber viel eleganter: luxuriös ausgestattete Wagen, breite Sitze, riesige Sitzabstände, automatische Türen, viel Gepäckplatz, breite Gänge – und vor allem: große Fenster. Reines Kino. Diese Züge fahren etwa 100–150 km/h, in Ortschaften und Bergregionen auch langsamer. Es geht kurvig bergauf und bergab, und ich kann mich an den Landschaften, den urigen Wäldern, den Brücken und kleinen Orten kaum sattsehen.

Kurz vor Miyazaki schaue ich in die Hotel-App, welche meiner Favoriten gerade den besten Preis bietet. Das Richmond Hotel am Bahnhof (70 €) ist leider ausgebucht. Ich habe zu lange gewartet. Gleichzeitig ist das Japan-Rail-Hotel von 70 € auf 100 € gestiegen. Dann entdecke ich ein verlockendes Angebot am Stadtrand: Ein großes Zimmer in einem 5-Sterne-Resort für 80 € inklusive Frühstück. Zu verlockend – ich buche.

Allerdings muss ich erst hinfinden. Es regnet, ich habe keine Lust auf einen Bus und nehme ein Taxi. Das Hotel liegt weiter draußen als gedacht; die Fahrt dauert lange und ist entsprechend teuer – ein kleiner Dämpfer. Das Hotel selbst ist riesig, bunt, aber stilvoll. Enormer Betrieb: laute chinesische Reisegruppen, Sportler in kurzen Hosen (vermutlich Basketballer), viele Kinder. Der Check-in dauert, die Orientierung im Komplex ist nicht einfach. Mein Zimmer liegt im 21. Stock – immerhin ein guter Ausblick. Der Lift ist beeindruckend schnell.

Als ich Zimmer 2124 betrete, staune ich: Zwischen der ersten Tür und dem eigentlichen Zimmer liegt ein absurd langer Korridor, vielleicht sechs Meter. Ich mag es grundsätzlich, wenn Zimmer nicht direkt am Flur liegen, aber dieser Zwischenraum ist wirklich bemerkenswert – vermutlich wegen der Keilform des Gebäudes. Der Ausblick entschädigt für alles: ein beleuchteter Golfplatz, ein hell erleuchtetes Bad, ein Pinienwald und am Horizont das Meer.

Der unschlagbare Vorteil dieser Unterkunft ist der direkte Zugang zu zwei Onsen-Bädern. Bevor ich mit dem Tagebuch weitermache, ist ein Bad Pflicht. Der Weg dorthin führt erst durch das Hotel-Labyrinth, dann über einen überdachten Holzsteg mehrere Hundert Meter durch einen Pinienwald, bis ich schließlich das wunderschöne traditionelle Bad erreiche.

Ausziehen, Kleidung in eine Kiste, Wertsachen in ein Schließfach. Die Anleitung ist japanisch, auf Englisch steht nur, man solle den Beleg nicht vergessen. Das Schließfach wirkt alt, die Tasten abgegriffen. Ich lege mein Portemonnaie hinein, schließe – aber ein Beleg kommt nicht heraus. Und natürlich lässt sich das Fach nicht öffnen.

Ich gehe erst einmal baden. Das Onsen ist traumhaft: Steine, Natur, warmes Wasser, Regen im Dunkeln – alle sind entspannt, nur ich denke an mein Portemonnaie. Werde ich heute Abend noch bezahlen können? Bekomme ich es erst morgen? Und welche Schließfachnummer war es überhaupt?

Nach dem Bad frage ich Stammgäste, die aber alle ihre Wertsachen im offenen Korb liegen lassen und daher keine Ahnung haben. Einer zeigt auf ein Telefon für Notfälle. Ich rufe an – zwei Minuten später erscheint ein Mitarbeiter, schraubt den Kasten mit den Schließfächern auf und fragt nach meiner Nummer. Ich hoffe, es war die 192 – und ja, da ist mein Portemonnaie. Niemand verlangt einen Nachweis. Vertrauen ist eben alles – wieder ein typischer japanischer Moment.

Zum Abendessen gibt es heute nur ein Sandwich, denn die Preise in den sechs Hotelrestaurants sind abgehoben – und ich möchte ja beim Tagebuch weiterkommen. Ab heute geht es wirklich voran.

In der Nacht träume ich von Brad Pitt. Ich bin kein Fan, vermutlich liegt’s am Hollywood-Ambiente.

Tageswertung: 8 Punkte

Datum: 12. November 2025 — Ort: Mijazaki

Yakushima – Weltkulturerbe im Süden Japans

Yakushima (屋久島) gehört zur Ōsumi-Inselgruppe der Nansei-Inseln und liegt in der Präfektur Kagoshima, rund 60 Kilometer südlich der Kyūshū-Halbinsel. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs: Vor etwa 14 Millionen Jahren hob sich die heutige Granitlandschaft aus dem Meer – ein geologischer Prozess, der bis heute anhält. Alle tausend Jahre wächst die Insel um etwa einen Meter.

Die Fläche Yakushimas beträgt rund 500 km², der Umfang etwa 89 km. Prägend sind die rund 45 Gipfel über 1000 Metern Höhe, darunter der Miyanoura-dake (1935 m), der höchste Berg der gesamten Kyūshū-Region. Etwa 42 % der Insel stehen unter Schutz und bilden den Yakushima-Nationalpark.

Yakushima ist berühmt für seine immergrünen, regenreichen Feuchtwälder und die jahrhundertealten Zedernbäume, die „Yakusugi“. Jährlich besuchen über 300 000 Menschen die Insel.

Der Jahresniederschlag gehört zu den höchsten weltweit: 4000 mm im Flachland, bis zu 8000 mm in den Bergen. Das Klima ist subtropisch – im Winter bleibt es an der Küste mild, während die Berge sogar Schnee tragen.

Die Bewohnerzahl liegt heute bei rund 13 000 Menschen, nachdem sie seit den 1960er Jahren stark zurückgegangen ist. Die traditionelle Holzwirtschaft wurde durch Fischerei, Zitrusanbau und heute vor allem durch den Tourismus ersetzt.

Yakushima ist über den Flughafen der Insel sowie regelmäßig verkehrende Fähren und Schnellboote mit Kagoshima verbunden.

Wikipedia

Was mir heute aufgefallen ist

Auch in der Camping-Unterkunft bleiben die Straßenschuhe vor der Tür. Es werden Hausschuhe zur Verfügung gestellt. Das hatte ich erwartet, aber heute lerne ich, dass es neben Hausschuhen und Toilettenschuhen, noch eine dritte Kategorie für den privaten Bereich gibt, und zwar so eine Art Übergangsschuh, aus robustem schwarzen Kunststoff, der in den Zwischenbereichen zwischen Haus und Straße getragen wird, zum Beispiel auf der Terasse oder im Hotel auf dem Weg vom Zimmer zum Onsen-Bad.


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